10 Dinge, die unter Yogis bald in Vergessenheit geraten

Es war einmal.

Wahrscheinlich jeder hat eine bestimmte Ära, in der er gerne geboren worden wäre. Bei mir sind das dir frühen Fünfzigerjahre – dann wäre ich 1968 ein wilder Teenager gewesen und hätte die Rolling Stones in ihren besten Jahren (69-73) als junger Mensch ohne Verstand und Verpflichtungen erlebt. Außerdem hätte ich Yoga ganz anders wahrgenommen. Als es noch fremd und Sekten-verrucht war und noch nicht in der breiten Bevölkerung angekommen. Stattdessen beschränkt sich mein Hippie-tum auf einen Barfuß-Job und als ich die Stones das erste Mal live on Stage sah (26. Mai 1990), waren sie schon genau so uralt, wie ich es heute bin. Und Yoga? Ist nicht mehr wirklich underground und findet seit letzte Jahr fast ausschließlich auf dem Bildschirm statt. Harte Zeiten für die Stones. Harte Zeiten für Gurus. Und harte Zeiten für uns Yogis. Selbst, wenn ich jetzt schon 25 Jahre älter wäre, fände ich es gerade ziemlich scheiße.

Jetzt reiß dich mal zusammen.

Natürlich will ich ein Vorbild sein. Meinen Kindern, meinen Kolleg:innen und meinen Schüler:innen. Aber so langsam geht mir wirklich der Atem aus in Sachen Selbstkontrolle. Eine Corona-bezogene Verbotsmaßnahme jagt die nächste und „die Zahlen“ steigen dennoch immer weiter. Also die Zahlen der infizierten Bürger, der psychisch auffälligen Kinder und der insolventen Yogastudios. Und die der als offensichtlich korrupten und/oder inkompetent geouteten Politiker. Die Zahlen der verfügbaren Intensivbetten bzw. des dafür notwendigen Fachpersonals gehen leider täglich nach unten. Wer hätte gedacht, dass man von denen in einer epischen Pandemie auf einmal mehr braucht als sonst… Jeden Tag kostet es mich mehr Kraft, nicht wenigstens ein bisschen zu verzweifeln und (ganz legal zwischen 5 und 22 Uhr) laut schreiend durch die Straßen zu laufen. Aber als Familienvater und Yogipreneur geht das leider nicht so ohne weiteres. Also setz ich mich auf meine Matte und höre weiter meinen Atemzügen zu. Happy Lockdown, everybody. 

Langsam reicht’s.

Seit einem halben Jahr warte ich nur noch. Auf ein Ende des Wahnsinns, auf die Wiedereröffnung der Yogastudios. Auf letzteres warte ich ich nicht nur, weil meine eigene kleine Yogaschule am finanziellen Abgrund steht. Nein, ich vermisse es einfach, wieder unter Menschen zu praktizieren und und zu unterrichten.

10 Dinge, die ich am „normalen“ Yogaunterricht vermisse:

1. Der Schuhberg, über den ich im Eingangsbereich des Studios steigen muss.

2. Das Gespanntsein, wenn die Türe aufgeht und noch jemand zum Üben hereinkommt.

3. Die Wärme, die aktive Körper in einem geschlossenen Raum schaffen.

4. Der Geruch von anderen Menschen und Massagelotion. 

5. Die Energie, die wir spüren, wenn wir nicht alleine sind.

6. Die Schwingungen, wenn wir gemeinsam chanten.

7. Das Lachen, wenn uns ein kleines Missgeschick passiert.

8. Die körperliche Berührung beim Assistieren und Massieren.

9. Der Augenkontakt nach der Meditation.

10. Das unbeschreibliche Gefühl von Zufriedenheit auf dem Weg nach Hause.

Time for a Revolution.

So sehr ich mich bemühe, meinem Online-Yoga immer neue Impulse zu geben (aktuell mit dem „Friday Night Yoga Club“ bei SHIVA SHIVA YOGA), so sehr vermisse ich die wunderbaren Studioklassen in der Gruppe. Als Lehrer und als Schüler. Ich frage mich jeden Tag, wann man uns endlich die Geimpften und Getesteten ins Yogastudios schickt. Schließlich schickt man sie doch auch im Flugzeug nach Mallorca und lässt sie jede Woche für viel Geld zusammen Fußball spielen. Aber Yoga, das nachweislich einen positiven Effekt auf Körper und Geist hat? Lieber nicht – kauf dir stattdessen doch ein subventioniertes Elektroauto (mit dem du aber nirgendwo hinfahren darfst). Für mich hat das Ganze damit aber auch etwas Gutes: Mit dem jedem Tag Corona zeigt sich der Staat mehr als korrupt (Masken), autoritär (Verbote) und auch ein bisschen inkompetent (Impfungen). Und sorgt damit dafür, dass es hier unten anfängt, nach (friedlicher) Revolution zu riechen. Vielleicht bekomme ich als 1977 geborener so ja doch noch mein kleines 1968. Namaste.

Fotos: Liza „I wish I was a hippie“ Meinhof

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